{"id":793,"date":"2016-12-07T11:47:57","date_gmt":"2016-12-07T10:47:57","guid":{"rendered":"https:\/\/civicmonitoring.org\/?p=793"},"modified":"2019-01-16T14:55:37","modified_gmt":"2019-01-16T13:55:37","slug":"entwicklungen-in-dnr-und-lnr-29-nov-5-dez-2016-newsletter-nr-10","status":"publish","type":"post","link":"https:\/\/civicmonitoring.org\/de\/entwicklungen-in-dnr-und-lnr-29-nov-5-dez-2016-newsletter-nr-10\/","title":{"rendered":"Entwicklungen in \u201eDNR\u201c und \u201eLNR\u201c: 29. Nov. – 5. Dez. 2016 (Newsletter Nr. 10)"},"content":{"rendered":"
Verfasst von Nikolaus von Twickel<\/p>\n
Zusammenfassung<\/strong><\/p>\n In der vorigen Woche wurde in Teilen der Stadt Luhansk das Trinkwasser rationiert, nachdem Wasserlieferungen von ukrainischer Seite wegen unbezahlter Rechnungen eingestellt wurden. Die \u201cVolksrepublik\u201d Luhansk nahm einen pro-ukrainischen Blogger fest und warf ihm Spionage vor. Der Anf\u00fchrer der \u201cVolksrepublik\u201d Donezk verlieh einem prominenten russischen Schauspieler die \u201cStaatsangeh\u00f6rigkeit\u201c.<\/em><\/p>\n <\/p>\n Ausf\u00fchrlicher \u00dcberblick<\/strong><\/p>\n Mit Beginn des Monats machte die Ukraine zumindest teilweise ihre Drohung wahr, die Versorgung wegen unbezahlter Stromrechnungen zu kappen.<\/p>\n Hintergrund ist die Forderung Kiews, dass die \u201cLNR\u201d den Strom zum Betrieb zweier Pumpstationen auf ukrainischer Seite bezahlen soll – die Separatisten weigern sich, das zu tun (s. Newsletter Nr. 9<\/a>).<\/p>\n Am 1. Dezember (Donnerstag) erkl\u00e4rte <\/a>Wladislaw Deinego, ein f\u00fchrender Vertreter der Luhansker Separatisten, dass von ukrainischer Seite die Wasserlieferungen aus Petriwske (bei Stanitsja Luhanska) in die \u201cLNR\u201d eingestellt worden seien. Die \u201cLNR\u201d-Wasserwerke k\u00fcndigten daraufhin an<\/a>, dass die Versorgung in einigen Stadtteilen von Luhansk auf die Abendstunden rationiert werde.<\/p>\n Einen Tag sp\u00e4ter sagte Deinego<\/a>, dass die ukrainisch kontrollierte Aufbereitungsanlage im Raum Lisitschansk ihre Wasserlieferungen in die \u201cLNR\u201d um die H\u00e4lfte reduziert habe.<\/p>\n Die OSZE-Beobachtermission best\u00e4tigte am 2. Dezember (Freitag)<\/a>, dass die Wasserversorgung der Stadt Luhansk reduziert worden sei, weil die Pumpstation Petriwske (bei Stanitsja Luhanska) angehalten wurde.<\/p>\n Dagegen hatte ein hoher ukrainischer Regierungsbeamter versichert, dass die Wasserversorgung der \u201cLNR\u201d auch ohne Bezahlung aufrechterhalten werde. Das sei eine Kulanzleistung, die aber nicht ewig so weitergehen k\u00f6nne, sagte der stellvertretende Minister f\u00fcr die \u201cvor\u00fcbergehend besetzten Gebiete\u201d und ehemalige Gouverneur von Luhansk, Heorhij Tuka dem Online-Dienst \u201cOstro.\u201d<\/p>\n Deinego, der die \u201cLNR\u201d bei den Verhandlungen der Kontaktgruppe aus Russland, Ukraine und der OSZE in Minsk vertritt, betonte, dass die Lage unter Kontrolle sei<\/a>: Die \u201cVolksrepublik\u201d habe genug Reserven, um die Wasserversorgung auch im Falle einer v\u00f6lligen Einstellung sicherzustellen.<\/p>\n Nach Angaben der staatlichen Wasserwerke Luhansk <\/a>kann die \u201cLNR\u201d bereits 84 Prozent ihres Wasserverbrauchs selbst decken. Lediglich 15 Prozent (zwischen 40.000 und 50.000 Kubikmeter pro Tag) w\u00fcrden derzeit aus ukrainisch kontrolliertem Gebiet bezogen.<\/p>\n Laut Deinego, fordert die Ukraine von der \u201cLNR\u201d 270 Millionen Hrywna (9,6 Millionen Euro) f\u00fcr unbezahlte Stromrechnungen. Erschwert werden die Verhandlungen laut \u201cLNR\u201d<\/a> dadurch, dass Kiew sich weigert, einen Vertrag direkt mit den Separatisten abzuschlie\u00dfen, weil dies einer Anerkennung gleichk\u00e4me. Dem stellvertretenden Gouverneur von Luhansk, Wolodymyr Hutz, zufolge gibt es nur einen Ausweg – dass die Besatzungsmacht (Russland) bezahlt – \u201cdie Personen, die die Verantwortung f\u00fcr das Leben unserer B\u00fcrger auf sich genommen haben,\u201d wurde Hutz von \u201cOstro\u201d zitiert<\/a>.<\/p>\n Die ukrainische Seite hatte bereits im Oktober angek\u00fcndigt, wegen der Ausst\u00e4nde die Wasserversorgung zu kappen. Damals war das Internationale Komitee vom Roten Kreuz eingesprungen und hatte den Strom bis Ende November bezahlt. Das Rote Kreuz warnte vergangenen Monat<\/a>, dass ohne eine Beilegung des Konflikts bis zu 600,000 Menschen von sauberem Wasser abgeschnitten sein k\u00f6nnten. Zudem bestehe die Gefahr, dass wasserbasierte Heizungssysteme ausfallen.<\/p>\n <\/p>\n Am 29. November teilte das \u201cStaatssicherheitsministerium\u201d der \u201cVolksrepublik Luhansk mit<\/a>, dass man einen Blogger festgenommen habe, der im Internet \u201cextremistische\u201d Texte verbreitet habe.<\/p>\n Der Blogger Eduard Nedeljajew, besser bekannt als \u201cEdward Ned\u201d bei Facebook<\/a>, wurde der Spionage und des Hochverrats bezichtigt<\/a>. Im Weiteren ver\u00f6ffentlichte das Ministerium sowie die offizielle Nachrichtenseite lug-info.com<\/a> Videos seiner Vernehmung<\/a>: Auf diesen Aufnahmen gibt er zu, milit\u00e4rische Daten der Separatisten an Vertreter des ukrainischen Geheimdienstes SBU weitergegeben sowie\u00a0sich einer Partisanenbewegung anzuschlie\u00dfen geplant zu haben<\/a>.<\/p>\n Nedeljajew ist einer der wenigen Bewohner der \u201cVolksrepubliken,\u201d der in sozialen Netzwerken noch relativ offen die dortigen Verh\u00e4ltnisse kritisierte. Im Juli tat er das auch in einem Interview der \u201cBild\u201d-Zeitung<\/a>. Seine Festnahme ist ein Zeichen daf\u00fcr, dass solch offene Kritik mittlerweile ein hohes Risiko mit sich bringt.<\/p>\n Am 5. Dezember (Montag) berichtete <\/a>die ukrainische Nachrichtensite liga.net<\/a> unter Berufung auf den Geheimdienst SBU, dass die \u201cLNR\u201d angeboten habe, Nedeljajew gegen drei ihrer in der Ukraine inhaftierten Anh\u00e4nger auszutauschen.<\/p>\n Der Fall Nedeljajew zeigt, wie schwer journalistische Arbeit innerhalb der Volksrepubliken geworden ist: F\u00fcr die Bewohner ist es riskant,\u00a0eine von den Machthabern abweichende Meinung \u00f6ffentlich zu artikulieren,\u00a0weil sie sonst schwerwiegende Konsequenzen bef\u00fcrchten m\u00fcssen.<\/p>\n Diese Frage \u00a0wurde vergangenen Monat auch von dem anonymen Blogger \u201cAdolf Donezkij\u201d in Donezk\u00a0thematisiert<\/a>, nachdem er eine Interviewanfrage des russischen TV-Senders Doschd erhalten hatte.\u00a0Der Blogger stellt fest, dass es keine Sicherheitsgarantie f\u00fcr diejenigen Bewohner gibt, die offen reden wollen: \u201c… denn es gibt in Donezk keine Menschenrechte seit 2014\u201c.<\/p>\n <\/p>\n Unterdessen wurde in Donezk auf einem Facebook-Account \u00a0relativ offen \u00fcber die Entscheidung diskutiert, dem russischen Schauspieler Iwan Ochlobystin einen Pass und damit die Staatsb\u00fcrgerschaft der \u201cVolksrepublik\u201d Donezk zu verleihen. Der TV-Darsteller und ehemalige Orthodoxe Priester Ochlobystin, der unter anderem wegen homophoben \u00c4u\u00dferungen aufgefallen ist (2013 forderte er<\/a> \u201cSchwule im Ofen zu verbrennen\u201d), hatte bei einem Auftritt in Rostow-am-Don \u201cDNR\u201d-Chef Alexander Sachartschenko auf Knien gebeten<\/a>, ihm einen Pass auszustellen. Am 30. November (Mittwoch) kam Sachartschenko dieser Bitte<\/a> nach.<\/p>\n Der ukrainische Geheimdienst SBU k\u00fcndigte daraufhin ein Strafverfahren gegen Ochlobystin an, und zwar wegen \u201cGr\u00fcndung einer terroristischen Vereinigung\u201d, wie Pressesprecherin Olena Hitljanska mitteilte<\/a>.<\/p>\n Kritik an der Vergabe des Passes an Ochlobystin kam auch von Konstantin Dolgow, einem prominenten Donezker Journalisten und prorussischen Aktivisten, der eine Zeitlang Sprecher des \u201cAu\u00dfenministeriums\u201d<\/a> der \u201cDNR\u201d war. In einem Facebook-Post<\/a> erz\u00e4hlt Dolgow, dass sein Antrag auf Staatsb\u00fcrgerschaft gerade abgelehnt wurde. Zur Begr\u00fcndung hei\u00dft es in einem Schreiben des Chefs zust\u00e4ndigen Migrationsbeh\u00f6rde lediglich, dass Dolgow nicht zum Kreis (zur \u201cKategorie\u201d) der Personen geh\u00f6re, die ein Recht auf einen Pass h\u00e4tten.<\/p>\n Die \u201cDNR\u201d hatte im M\u00e4rz dieses Jahres mit der Ausgabe eigener Ausweise begonnen. Bis Anfang November wurden nach offizieller Darstellung <\/a>bereits 26.500 Dokumente ausgeh\u00e4ndigt, mehr als 33.000 Passantr\u00e4ge sind in Bearbeitung. Mit dem Pass der international nicht anerkannten \u201cVolksrepublik\u201d kann man nach Angaben des \u201cDNR\u201d Justizministeriums<\/a> in die Russische F\u00f6deration einreisen. Diese Information ist von russischer Seite bislang nicht offiziell best\u00e4tigt worden – es ist auch schwer vorstellbar, dass Russland Dokumente eines Staates anerkennt, ohne den Staat anzuerkennen.<\/p>\n Inoffiziell hei\u00dft es aber<\/a>, dass Inhaber von P\u00e4ssen von \u201cDNR\u201d und \u201cLNR\u201d (die \u201cVolksrepublik Luhansk vergibt bereits seit Mai 2015 eigene P\u00e4sse) zumindest auf dem Landweg nach Russland einreisen und sich dort aufhalten d\u00fcrfen<\/a>. Unklar ist aber, ob sie dort denselben Regeln wie Ukrainer unterliegen, und nach 90 Tagen wieder ausreisen m\u00fcssen. In einer langen Diskussion<\/a> zu diesem Thema unter Dolgows Facebook-Post schreiben User, dass die russischen Beh\u00f6rden Inhabern solcher P\u00e4sse keine \u201eRegistrierung\u201d (Meldebescheinigung) ausstellen.<\/p>\n Im russischen Parlament gibt es unterdessen Forderungen<\/a>, Bewohnern der ostukrainischen \u201cVolksrepubliken\u201d russische P\u00e4sse auszuh\u00e4ndigen. Laut dem Donezker ex-Kommandeur Alexander Chodakowskij<\/a> ist auch Wladislaw Surkow (Berater des russischen Pr\u00e4sidenten Wladimir Putin f\u00fcr die Ostukraine) f\u00fcr einen solchen Schritt, er sei aber im Moskauer Beamtenapparat auf Widerstand gesto\u00dfen.<\/p>\n\n
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